Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“ Jes. 5, 20
Monatsspruch November
„Wat dem eenen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall.“ Unterschiedliche Meinungen treffen aufeinander und das war wohl schon immer so. Wir nehmen Situationen unterschiedlich wahr und haben verschiedene Einsichten. Jeder bringt eigene Erfahrungen und Überzeugungen mit und trägt sie in seine Urteile ein. Über manches lässt sich trefflich streiten, anderes lassen wir lieber stehen, belächeln einander und gehen des Weges. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut.
Mitunter freilich wünschten wir uns größere Klarheit und verbindliche Antworten. Vor allem in Zeiten, die wir als schwierig und bedrohlich erleben, suchen wir Gewissheiten und wollen uns diese nicht nehmen lassen. Andere Sichtweisen verunsichern und befremden uns. Diskussionen verlieren an Leichtigkeit, Auseinandersetzungen werden verbittert geführt. Haben wir dies nicht alle erlebt in den verschiedenen Krisen, durch die unser Land und die Welt in den letzten Jahren gegangen ist: die Flüchtlingswelle, die der Krieg in Syrien ausgelöst hat, die Coronapandemie und nun der Krieg in der Ukraine? Und haben wir nicht auch alle erlebt, wie Menschen diese Verunsicherung ausgenutzt und auf dieser Flamme ihr eigenes Süppchen zu kochen versucht haben?
Mögliche Alternativen wurden durch „alternativen Wahrheiten“ ersetzt, eigene Interessen zum Maßstab dessen erhoben, was gilt: „Mein Wille geschehe – und werde zur Wirklichkeit.“ Aber vermutlich hat es selbst dies schon immer gegeben. Jedenfalls kennt bereits der Prophet Jesaja derartige Willkür und verurteilt sie scharf: „Weh denen!“ sagt er – und hält daran fest, dass es Maßstäbe gibt, die uns Menschen verbindlich vorgegeben sind, – dass es Unterschiede zwischen Gut und Böse gibt, zwischen Licht und Finsternis und zwischen sauer und süß, die wir in ihrem Kern nicht aufheben können.
Daran sollten auch wir festhalten und darauf bauen, dass sich die Suche nach Wahrheit lohnt, auch wenn diese sich uns nicht immer leichtfertig zeigt. Wir sollten wahrhaftig bleiben und dies auch von andern erwarten. Und wo wir einander in dieser Weise glaubhaft begegnen, da müssten wir doch auch gelassen miteinander streiten und unterschiedliche Meinungen fröhlich aushalten können.